23 Kultur Fotos: Julia Dragosits, Violetta-Wakolbinger, Farbwerk/Liz Blur Nicht feministisch, sondern überfällig: Das Linzer Kunstmuseum Lentos widmet dem Thema „Mädchen* sein!? Vom Tafelbild zu Social Media“ eine große, prominent bestückte Ausstellung. Zu sehen sind 160 Werke von 50 Künstlerinnen und 36 Künstlern. Das Lentos Linz fragt: Was heißt es, ein Mädchen zu sein – damals wie heute? Als Antwort hat Kuratorin Brigitte Doneus-Reuter einen hochkarätigen Streifzug durch 500 Jahre europäische Kunstgeschichte zusammengestellt. Das Spektrum ist groß, das Sujet „Mädchen“ wird als wechselndes Symbol zwischen Rollenzwang und Sehnsuchtsfigur beleuchtet. Die Exponate machen deutlich, wie sehr künstlerische Perspektiven das Verständnis von Identität, Körper und Rollen geprägt haben – und auch immer noch prägen. „Von der Heiligen der christlichen Ikonographie über Opferfiguren der Märchen bis hin zur medialen Selbstinszenierung spannt sich ein Kontinuum, in dem das Mädchen zum Symbol für Tugend, Reinheit, Schönheit oder Versuchung wird“, beschreibt Doneus-Reuter ihren Zugang. Heute gibt aber nicht mehr der Blick des männlichen Malers die Richtung vor, sondern Social Media. von Elisabeth Rathenböck Bilder & Ausstellungsstücke aus über 500 Jahren Kunstgeschichte sind in „Mädchen* sein!?“ zu sehen. Kuratorin Brigitte Reutner-Doneus (l.) und Lentos-Direktorin Hemma Schmutz in den Ausstellungsräumen von „Mädchen* sein!?“ Die Ausstellung hat neun Kapitel. Man folgt Stichworten wie „Mythen, Märchen und Legenden“, darunter präsentiert man nicht nur einsame Prinzessinnen, sondern auch Heilige. Das „Mädchen als Mägdchen“ macht Stereotype vom geduldigen, passiven weiblichen Wesen sichtbar. Unter „Porträtiert werden“ schlägt man den Bogen von altmeisterlichen Porträts adeliger Töchter über Rebellinnen bis hin zu Influencerinnen. Heute sollen Mädchen den gesellschaftlichen Anforderungen zufolge nicht nur sexy, schön, schlank sein, sondern auch gebildet, heterosexuell, cool und unabhängig. Der Druck, die Rolle zu erfüllen, war über die Jahrhunderte groß und bleibt es auch. Die Ausstellung lässt das Herz eines jeden Kunstfans höher schlagen. Zu sehen sind Gemälde, Skulpturen, Installationen und Videos, darunter Leihgaben aus dem Kunsthistorischen Museum, dem mumok Wien, dem Linzer Schlossmuseum oder aus Den Haag. Eines der prominentesten Werke ist ein frühes Gemälde von Pablo Picasso. Mit Namen wie Kremser Schmidt, Albin EggerLienz, Egon Schiele, Werner Berg, Muntean/Rosenblum, Dorothee Golz oder Paula Modersohn-Becker überzeugt die Schau auch weitab von der „Schublade Feminismus“. In der Kunstvermittlung geht man neue Wege. Schon im Vorfeld zu „Mädchen* sein!? Vom Tafelbild zu Social Media“ (bis 6. April) wurde gemeinsam mit Jugendlichen „Das Zimmer“ eingerichtet – ein offener Raum zum Chillen, Lesen, Schreiben. Weitere Infos unter www.lentos.at Einst Heilige, heute TikTok-Star
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